Jahns and Friends gehört zu den Top 15 der inhabergeführten Dialogmarketing-Agenturen
Deutschlands und realisiert für seine Kunden messbare Erfolge mit System. Dabei bietet Jahns and Friends Lösungen für alle Medien der dialogen Kommunikation.
Weit draußen, auf der linksrheinischen Seite Düsseldorfs kommen wir zum Besuch bei Christian Gabriel, Management Partner von Jahns and Friends.
Die Firma Jahns and Friends ‚Agentur für Dialogmarketing und Werbung‘ ist eine von 285 Firmen in der Werbeagentur-Branche. Aufgrund ihrer Spezialisierung auf Dialogmarketing erwarten wir einen differenzierteren Blick auf die Design-Szene, als beispielsweise einer Kreativ-Agentur. Schließlich wissen die Angestellten von Jahns
and Friends genau über die Wirkung ihrer Arbeit bescheid. Hier kommt es auf messbare Zahlen an, auf Zielgruppen und Response.
Ein wenig nüchterner ist auch unser Eindruck der
mehr als 30 Spezialisten am Standort Düsseldorf,
die so bekannte Marken wie Citroën, Deutsche
Post, GALERIA Kaufhof, Messe Düsseldorf,
Metro, Penaten, Targobank, Tena und Handelsblatt/
WirtschaftsWoche betreuen.
Könnt ihr ein bisschen über die Szene erzählen, wie ihr die Szene
wahrnehmt, wie Agenturen sich unterscheiden?
Christian Gabriel
Die Düsseldorfer Agentur-Szene zu beschreiben ist schwierig, weil wir als Agentur glaube ich gar nicht in der Szene sind. Die klassische Agenturszene spielt sich glaube ich da ab, wo auch die großen Agenturen in den Köpfen der Düsseldorfer sind.
Ich kann mich aber auch irren, weil wir da nicht wirklich reingehören.
Oder vielleicht gehören wir da rein und sind auch drin, nur selber ist es immer schwierig von sich zu behaupten: „Wir sind eine Szeneagentur.“
Wie ich die Szene wahrnehme? Eigentlich auch nicht. Ich versuche mich aus dieser Szene mehr oder weniger rauszuhalten, weil wir als Agentur ein bisschen anders ticken.
Es gibt in vielen Köpfen immer noch viele Klischees der deutschen Werber – vielleicht insbesondere der Düsseldorfer Werber – er hat immer schwarze Klamotten an, einen schwarzen Rollkragenpullover, fährt auf jeden Fall Porsche oder irgendein Cabrio, und so weiter. Gibt es. Hab ich alles kennen gelernt. Aber das ist nicht die Szene zu der wir uns zählen und ich glaube auch, dass selbst große Agenturen da lange raus sind. Aber dieses Klischee lebt noch von früher.
Vera Walterscheid
Ich habe so den Eindruck, dass es einen Unterschied gibt zwischen den ‚Klassikleuten‘ und den ‚Dialogleuten‘.
Wenn man die ‚Klassikleute‘ auf freier Wildbahn trifft, sind die schon ein bisschen mehr szeneorientiert, während die ‚Dialogleute‘ ein bisschen ruhiger sind.
Wobei es eigentlich andersrum sein müsste?
Vera Walterscheid
Nö, aber wir haben Zahlen, auf die wir uns berufen
können. Die Klassiker nicht.
Christian Gabriel
Die Klassiker haben das angeblich auch, aber es geht ja nicht immer um Zahlen. Dialogmarketing ist ja jetzt eigentlich seit zwanzig Jahren im Kommen. In den letzten Jahren haben wir dadurch, dass die Budgets knapper werden, einen Aufschwung bekommen und könnten eigentlich selbstbewusster auftreten. Das gelingt uns aber vielleicht auch nicht immer.
Wir sind sehr froh, dass wir mit unseren Kunden seit vielen Jahren Dialog-kampagnen und -strategien entwickeln und so auch deren Aufschwung unterstützen können. Sei es für die Galeria Kaufhof, CITROËN Deutschland,
die TARGOBANK, die wir bei ihrem Namenswechsel begleitet haben, das Handelsblatt und die Wirtschaftswoche, TENA oder die Messe Düsseldorf,
die wir seit vielen Jahren betreuen.
Du sagst, ihr tickt anders. Inwiefern?
Christian Gabriel
Wir haben eine neue Philosophie in Worte
gefasst:
„Freunde für Veränderung.“ Das hat zum einen damit zu tun,
dass wir untereinander auch Freunde sind.
Das Sozialgefüge ist hier sehr gut. Bestimmt 70 Prozent der Agentur essen zusammen mittags hier in diesem Konfi. Es wird entweder zusammen gekocht, jeder kocht für sich selber oder es wird Essen geholt. Aber man sitzt hier, quatscht und isst dabei.
Das halte ich für sehr wichtig um nicht nur in der Arbeitswelt, in Meetings, zusammen zu sitzen, sondern auch mal ein bisschen Privates auszutauschen.
So versuchen wir das natürlich auch mit unseren Kunden zu handhaben. Dass wir als Freunde gesehen werden. Aber es herrscht ein freundschaftliches Verhältnis. Bei den meisten funktioniert es.
Viele unserer Kunden haben wir seit langer Zeit. Die Messe Düsseldorf haben wir beispielsweise seit zwanzig Jahren. TENA seit dreizehn Jahren, Galeria Kaufhof und Citroën seit zehn Jahren. Wenn man Kunden von der Größe hat und die jahrelang an sich binden kann, muss es irgendetwas damit zu tun haben, wie man als Agentur tickt.
Dann habe ich das Gefühl, dass wir nicht die arroganten Schnösel sind. Das ist ein gutes Gefühl.
Um noch mal auf die Mitarbeiter zu kommen, hat das auch damit zu tun, dass sich keiner einen Tag Urlaub nehmen muss nur weil der Heizungsableser kommt. Dann kommt der Mitarbeiter eben erst Mittags. Wir wissen ja alle, wie Heizungsableser sind. Das heißt aber auch, wenn wir so großzügig sind, dass wir erwarten, wenn ausnahmsweise einmal bis elf oder zwölf Uhr gearbeitet werden muss, das ohne Murren stattfindet.
So gering die Fluktuation bei Kunden ist, ist die Fluktuation auch bei unseren Mitarbeitern. Herr Jahns ist am längsten dabei, ich bin jetzt im dreizehnten Jahr, meine Frau seit elf. Die jüngsten, die dabei sind, sind die dreizehn Leute, die wir letztes Jahr neu eingestellt haben.
Gibt es Hierarchien bei euch oder seid ihr eher flach aufgebaut, weil ihr ‚Freunde‘ seid?
Christian Gabriel
Also es ist relativ flach. Ich bin letztes Jahr ein halbes Jahr in Elternzeit gewesen und in dieser Zeit sind viele Mitarbeiter neu dazu gekommen. Ich habe dann gemerkt, dass sich hier irgendetwas verändert hat.
Je größer wir werden, desto mehr müssen wir eigentlich tun, weil wir merken es gleitet hier und da mal ein bisschen ab. Aber es ist auch schwer so etwas einzuziehen, wenn man es die ganze Zeit nicht hatte.
Habt ihr neben dem Mittagessen anderen Agentur-Rituale?
Wir haben den Tischkicker bereits gesehen…
Christian Gabriel
Montags ist immer Montagsrunde. Um zwölf Uhr versammelt sich die ganze Agentur hier im Konfi und Herr Jahns erzählt, was in der letzten Woche so war. Damit jeder einen Überblick über die Termine hat.
Er gibt einen kurzen Ausblick auf die kommende Woche und erzählt mal hier und da von einem Vortrag. Es werden auch Arbeiten intern präsentiert, weil man in der Hektik oft nicht mitkriegt was die Abteilung oder das Team gemacht hat. Dann gibt es ein jährliches Ritual: wir fahren einmal im Jahr das Wochenende mit der ganzen Agentur weg.
Weihnachtsfeier ist ein Ritual. Unser Chef steht auf edles Essen, nette Locations, usw. Das ist auch so ein Klassiker. Dann gibt es einmal im Jahr ein Kickerturnier. In den letzten Jahren gab es auch ein Motto zu dem man vorher Kampagnen machen muss.
Warum ist der Kicker so verbreitet?
Christian Gabriel
Keine Ahnung. Der war schon hier, als ich gekommen bin – ich habe das übernommen und erst in den letzten vier, fünf Jahren mitbekommen, dass in vielen anderen Agenturen auch ein Tischkicker steht. Vielleicht ist es der BAC im Kleinen.
Bei uns ist das mit dem BAC jetzt auch ruhiger, weil wir nicht mehr zu DDB gehören. Wir sind früher immer mit DDB gefahren.
Mittlerweile haben wir auch eine Größe, bei der wir sagen: „Gut, da machen wir mal mit!“ Letztendlich muss man aber auch sagen, dass es schweineteuer ist.
Spielt diese Selbstdarstellung auch bei euch eine Rolle?
Christian Gabriel
Ja klar.
»Kreative sind sensibel.
Kreative wollen den ganzen Tag gelobt werden.«
Kreative wollen den ganzen Tag hören, dass sie die besten, schönsten, geilsten und natürlich auch die kreativsten sind mit den besten Ideen. Das ist quasi dieses Schaulaufen bei Preisverleihungen und den ganzen Awards. Das hat natürlich den Vorteil, beim Kunden gut dazustehen. Aber es ist nicht zuletzt natürlich auch wichtig für das New-Business. Wir haben in den letzten drei bis vier Jahren nichts an New-Business-Aktivitäten gemacht. Wir haben keine Mailings rausgeschickt, keine Telefonaktionen gemacht sondern nur aufgrund unserer Präsenz in den Medien Anfragen und daraufhin auch unsere neuen Kunden bekommen.
Geht bei euch nicht auch der Trend zum Outsourcing oder dem infaltionären Einstellen von Praktikanten?
Christian Gabriel
Wir stellen nur Praktikanten und Trainees ein. Das muss man als Aussage mal so stehen lassen. Das hat damit zu tun, dass die Ausbildung wie sie teilweise für unseren speziellen Bereich Dialogmarketing stattfindet, oft eine Katastrophe ist.
Ich würde natürlich gerne
die Leute so einstellen,
wie es ihnen auf der FH oder an Universitäten immer vorgegaukelt wird:
„Du fängst als Junior an, kriegst eine super Ausbildung und hast ein Einstiegsgehalt von mindestens zweieinhalb bis drei brutto.“
Können wir gerne machen, nur erwarte ich dann auch, dass die das können, was wir hier verlangen. Das ist leider nicht so und deswegen werden die meisten bei uns – ich spreche jetzt nur von der Kreation – als Trainee eingestellt mit einem Jahresvertrag und gestaffeltem Gehalt, was sich quartalsweise erhöht. Bei denen wir noch mal Ausbildung reinstecken müssen. Sei es unsere eigene Ausbildung, die wir hier intern machen – sofern man das Ausbildung nennen mag – oder auch Computerschulungen, wenn es um spezielle Programme geht. Da müssen wir ja auch noch einmal investieren.
Wie viele seid ihr insgesamt?
Christian Gabriel
Wir sind jetzt vierzig. Also wie gesagt in den letzten vierzehn Monaten um dreizehn Leute gewachsen. Im Krisenjahr 2009. Gucken wir mal wie das noch schlimmere Krisenjahr 2010 wird.
Was meinst du fehlt den meisten Leuten, die sich hier auf eine feste Stelle bewerben und dann ein Praktikum oder eine Trainee-Stelle angeboten bekommen ‚müssen‘?
Christian Gabriel
Wir sind ja auch schon mal an der FH gewesen
und haben versucht das Thema ‚
AgenTour‘ etwas näher zu bringen und dann steht man vor 25 Leuten, die schon bei dem Begriff Dialogmarketing aussteigen.
Das war eine Art freiwillige Veranstaltung und ich habe mich gewundert, dass dann doch 20 – 25 Leute zusammengekommen sind – das war auch noch während der Fußball WM. Was mich da nicht mehr gewundert hat, waren die Fragen, die hinterher gestellt wurden. Die waren gleich Null. Die einzige Frage die kam war: „Was halten Sie denn davon, dass Jens Lehmann anstatt Oliver Kahn…“ Thema nicht verstanden. Setzen: Sechs.
Also unser Stand ist da auch schwierig. Ich gehe ja auch zu Mappenausstellungen. Dann denk ich mir auch: „Was wollen die beruflich machen?“ Die wissen noch nicht einmal, was Dialogmarketing ist. Jetzt ist die große Frage, ob man im Studium nie darüber gesprochen hat.
Wenn ich ein abgeschlossenes Marketing-studium habe, ich mich mit Kampagnen, Zielgruppen usw. auseinandergesetzt habe, muss ich darauf antworten können, was Dialogmarketing ist und wenn es nur eine blöde Antwort ist wie: „Mit meiner Zielgruppe in Dialog treten“. Das passiert aber nicht.
Da kommt nichts.
Und das kann heutzutage nicht mehr sein, in Zeiten in denen große Unternehmen Budgets umshiften von 70% Klassik und 30% Dialog in 30% Klassik und 70% Dialog.
Nehmen wir mal Porsche als Beispiel. Bei denen ist das ungefähr in dieser Gewichtsklasse. Von denen sieht man fast keinen Spot mehr…
vielleicht mal auf n-tv oder eine Anzeige. Ansonsten haben die Dialogmarketing.
Was meinst du ist der Grund dafür?
Ist nur in speziellen Branchen so ein Wechsel im Gange?
Christian Gabriel
Es gibt Branchen, da kommt man an Klassik nicht vorbei. Aber wenn die Budgets geringer werden, muss ich versuchen, meine Zielgruppe zu finden und anzusprechen. Ich kann jetzt nicht mehr so breit streuen, wie ich das früher mit Fernsehen gemacht habe.
Da haue ich beispielsweise dreißig Millionen im Jahr für Klassik raus, erreiche damit aber nur einen Bruchteil meiner Zielgruppe, weil die rein zufällig gerade nicht vor dem Fernseher oder dem Radio sitzen, oder diese Zeitung gerade nicht kaufen, in der ich zig meiner Anzeigen geschaltet habe. Je weniger Geld ich habe, umso zielgerichteter muss ich es einsetzen.
Im Dialogmarketing gibt es Tools um Zielgruppen zu definieren. Auf verschiedenen Basen. So dass ich die dann gezielt ansprechen kann. So kann ich mit einem erstaunlich kleineren Budget im Kern 70 % meiner Zielgruppe erreichen. Und spare dabei noch Geld.
Würdest du allgemein sagen, dass immer mehr Kunden
auf Dialogmarketing setzen?
Christian Gabriel
Ja. Das merkt man schon am einfachstes Beispiel:
der Deutsche Dialogmarketing-Preis. Früher waren da ein paar Agenturen: Wunderman, Ogilvy, JahnsandFriends, Proximity… nur um mal ein paar große Namen zu nennen.
In den letzten vier bis fünf Jahren taucht dann auf einmal Jung von Matt und BBDO auf und nicht nur die Töchter der großen Agenturen, sondern auch die klassischen Agenturen an sich. Die merken natürlich auch, dass die Budgets immer mehr in Dialogmarketing fliessen. Früher hat man noch gesagt: „Die Tochter kann das machen. Dazu machen wir mal noch ein Mailing.“ Heutzutage merken die: „Das müssen wir selber machen.“
Vera Walterscheid
Ich glaube, die Entwicklung begründet sich auch ein bisschen darin, dass ein gewisser Medienwandel stattfindet. Gerade wir Jüngeren bloggen und gucken wo Rezensionen stehen. Das ist glaube ich ein bisschen die Abkehr von diesem: „Ich lasse alles auf mich einballern und mich von Werbung umringen“, zu einem mehr oder weniger mündigen Konsumenten, der selber versucht, Sachen rauszukriegen und eigentlich froh ist, wenn ein Dialog stattfindet und man andere Informationen bekommt als die große, breite Masse.
Christian Gabriel
Das ist die nächste Ausbaustufe von Dialogmarketing. Für das, was früher alles offline war, haben wir jetzt mit dem Internet natürlich viel mehr Möglichkeiten um in schnelleren Dialog zu treten. Facebook, Twitter usw. muss man da schon berücksichtigen – auch wenn keine der Agenturen weiß, wie man es richtig macht – aber man muss dabei sein, irgendwie.
Bringen denn Social-Networks hinsichtlich Werbung überhaupt soviel?
Christian Gabriel
Ich glaube man kann das noch nicht unbedingt an Umsätzen festhalten. Es ist im Moment noch eine Probephase. Man versucht ein bisschen da zu sein. Man muss präsent sein.
Aber es gibt noch keine großen Erfolgsstories. Das ist vielleicht das Problem.
Das ist ja vielleicht auch ein Nachteil: es wird alles immer schneller und man hat überhaupt nicht mehr die Möglichkeit das für seinen Kunden zu testen und daraus eine Empfehlung abzugeben. Wenn man es richtig macht kann es hilfreich sein, aber nicht als einziges Tool, sondern nur im großen Wandel mit anderen Maßnahmen.
Warum gibt es diese häufigen Mitarbeiterwechsel in der Branche?
Christian Gabriel
Meistens kommen die von den Mitarbeitern selbst. Bleiben wir einmal bei der Vera. Sie wird in den nächsten zehn Jahren, solange ich hier nicht Chef bin, schlechte Aufstiegsmöglichkeiten haben – es sei denn, wir müssen wachsen.
Das ist eine knallharte Wahrheit. Dann versuche ich die Vera durch Geld, durch Mitarbeiter usw. zu halten. Aber ich habe dafür Verständnis wenn sie sagt: „Ich kann Kreativchef bei ‚HaHaHa‘ werden und die Möglichkeit möchte ich haben.“ Ob dieser Beweggrund heute in den wirtschaftlichen Zeiten noch so ist, glaube ich nicht.
»Aber früher war es eben so, dass man alle zwei Jahre gewechselt hat.«
Da wurde ich vom Junior zum AD dann zum Senior und am Ende war man Kreativ-Chef. Aber in der heutigen Zeit ist das auch nicht mehr so einfach, denn wer als letztes kommt, geht auch als erstes. Meistens...
Vera Walterscheid
Mal abgesehen davon, dass ich auch von Freunden in anderen Agenturen nicht unbedingt so schöne Dinge höre. Es ist nicht so entspannt wie bei uns, weil es da um Mobbing geht, Ellenbogengeschichten, wo Leute rausgekickt werden, weil die Betriebsstruktur häufig nicht nett ist. Da ist man dann natürlich schneller weg.
Du hast ja eine gute Vergleichsmöglichkeit durch die AgenTour,
die du gemacht hast. Wie lange warst du in jeder Agentur?
Vera Walterscheid
Ich war jeweils sechs Wochen – eine ziemlich kurze Tour. Insgesamt ein halbes Jahr. Direkt nach der AgenTour habe ich bei Jahns&Friends als Trainee angefangen, bin dann Junior geworden, danach Art-Director. Seit vier Jahren bin hier.
Wer wählt die Agenturen aus?
Vera Walterscheid
Die Agenturen sind alle Mitglieder des DDV. Das gibt es in vier Städten, wenn ich richtig informiert bin, in Hamburg, München, Köln-Düsseldorf und Frankfurt. Es sind immer so vier bis fünf Agenturen. Wir haben jetzt gerade auch jemanden da.
Du hast ja viele Einblicke bekommen. Was sind die großen Unterschiede,
die du zwischen den Agenturen festgestellt hast?
Vera Walterscheid
Blöd gesagt: die Menschen. Du merkst einfach, dass in den Agenturen unterschiedliche Schwingungen sind.
Die Leute sind unterschiedlich drauf. Du merkst recht schnell, wo die Mitarbeiter nett sind, oder wo eine Ellbogenkultur herrscht. Die Strukturen und wie
gearbeitet wird, ist teilweise unterschiedlich. Die einen arbeiten ganz konkret auf einem Kunden, die anderen werden verteilt, so wie die Kapazitäten es zulassen.
Aber das Allerwichtigste sind wirklich die Leute, die man so trifft und wie das Gesamtgefühl ist.
War das auch der ausschlaggebende Grund hierhin zu kommen?
Vera Walterscheid
Ja, definitiv. Es war schön, es hat Spaß gemacht. Man kann einfach frei seine Gedanken äußern, wenn man mit den Leuten klar kommt. Das finde ich ist das Wichtigste daran, wenn man kreativ arbeitet. Wenn man Angst hat, irgend etwas zu sagen, klappt das nicht.
Christian Gabriel
Man denkt immer: „Wo anders ist es besser.“ Das ist ja auch ein Trugschluss. Wenn man dann gewechselt hat, ist es meist noch schlimmer. Entweder kann man damit umgehen oder nicht: man ist der Neue. Man ist vielleicht eine Position aufgestiegen und man hat mehr Verantwortung. Das musste ich erstmal lernen. Ich muss mich erstmal unter Beweis stellen.
Ich habe vielleicht eine andere Arbeitsweise, andere Strukturen. Das kommt in einem eingefahrenen Team auch nicht so gut an.
Vera, du hast hier relativ schnell Karriere gemacht, bist schnell aufgestiegen. Waren die Stellen frei, in die du rein gewachsen bist, oder wurden die geschaffen?
Vera Walterscheid
Es hat sich irgendwie so ergeben.
Christian Gabriel
Manchmal werden Positionen geschaffen. Letztendlich gibt es ja nicht immer die Möglichkeit guten Mitarbeitern sofort mehr Geld zu geben.
Woran orientiert ihr euch bei der Titelvergabe?
Christian Gabriel
Nach Leistung. Und da gibt es nicht viel.
Bei uns gibt es Praktikanten, Trainees, Junior- und Art-Director,
Senior-Art-Director und Head-of-Art.
Man könnte es auch ganz anders nennen…
Es gibt z.B. in London eine Agentur, da kann man seinen Titel frei wählen.
Christian Gabriel
Was gibt es denn da für Titel?
Die nennen sich ‚Chief Galaxy‘ weil die frei wählen können.
Die Frage ist: warum gibt es diese Titel, warum muss es so heißen?
Christian Gabriel
Ich weiß nicht wo es herkommt. In jeder Firma
gibt es Hierarchien und die haben alle irgendwie einen Namen. Ich glaube aber auch, dass das gut ist, um zum einen Hierarchien zu haben und letztendlich auch zu wissen wer ist der Nächste, den ich fragen kann, der mir Hilfestellung gibt. Ich drücke das lieber positiv aus.
»Fragen ist das Wichtigste,
was man überhaupt im Berufsleben machen kann.«
Nach außen ist es natürlich auch für den Kunden gut zu wissen ob ich es mit einem Junior oder einem Senior zu tun habe. Da sollte man dann auch adäquat dem Kunden gegenüber auftreten.
Basieren die Bezeichnungen an sich nicht auch auf Eitelkeiten?
Christian Gabriel
Ja, vielleicht. Es ist natürlich erstrebenswert für einen Trainee den Junior zu haben. Für einen AD ist es dann erstrebenswert irgendwann endlich den Junior weg zu haben.
Bei Handwerksbetrieben ist es zum Beispiel erstrebenswert, den eigenen Bully zu kriegen, weil sie dann wissen, dass das Vertrauen vom Chef da ist.
Für die ist das eine unglaubliche Motivation. Genauso wie vielleicht Gehaltserhöhungen oder Titel vergeben werden. So ist es in jeder Branche irgendetwas anderes. Es ist natürlich auch eine Auszeichnung für erbrachte Leistung.
Wenn ihr darauf hinaus wollt, dass Titel und Hierarchien überbewertet werden: ja wahrscheinlich. Ich könnte genauso gut Kreativ- Direktor heißen oder Creative-Supervisor sein. Aber man entscheidet sich irgendwann für einen bestimmten Hierarchie-Strang und wir haben uns eben für die ‚Head-of ’s‘ entschieden.
Ich glaube in jeder Agentur gibt es Junior-Art-Directoren, Art-Directoren, Senior-Art-Directoren. Das ist vielleicht überall gleich. Und diese Standards braucht man auch. Es ist auch eine gewisse Vergleichbarkeit unter Agenturen.
Gewisse Standards muss man schon haben. Wenn das so eine tolle Idee wäre, dass man sich einen Titel aussuchen kann, hätte es sich ja schon irgendwo bemerkbar gemacht.
Sucht ihr euch bei Pitches vorher gewisse Kundenstrukturen aus,
wie beispielsweise deren Größe?
Christian Gabriel
Wir sagen nicht: „Den Kunden wollen wir nicht“. Also nicht auf diese arrogante Weise. Es gibt Kunden, die wir nicht wollen, weil wir vielleicht schon einschätzen können, dass wir es nicht handeln können.
Wir waren zum Beispiel in einem Bahn-Pitch, bei dem hundert Agenturen angefragt worden sind. Wir haben uns da nicht aktiv dran beteiligt, sondern nur die ersten Formulare ausgefüllt um zu gucken, wie weit wir kommen und sind dann irgendwann rausgeflogen. Aber da muss ich auch sagen, das wäre too much gewesen.
Große Kunden kommen, wenn man auch große Kunden auf der Liste hat.
Das ist einfach so. Ist aber auch eine schöne Geschichte, wenn man einen kleinen Kunden auf dem Weg nach oben begleitet.
Werden große Kunden immer weniger,
weil viele Kunden Inbound-Lösungen bevorzugen?
Christian Gabriel
Ich glaube nicht, dass Inbound der Grund dafür ist.
Ich glaube, dass Insolvenz der Grund dafür ist. Ich weiß gar nicht, wie viele große Unternehmen es Inbound machen. Vieles wird auch extern gemacht.
Mit welchen Kunden nehmt ihr an Awards teil?
Christian Gabriel
Wir nehmen mit guten Arbeiten an Awards teil.
»Ich habe den Anspruch,
aus jeder Aufgabe irgendetwas Kreatives zu machen – das funktioniert leider nicht immer.«
Schwierig wird es mit Kunden aus dem Hygienebereich. Aber auch mit dem Thema haben wir schon einen Preis geholt. Von daher scheint es besser zu werden.
Warum meinst du ist es schwer mit einem solchen Thema?
Christian Gabriel
Weil wir schon häufiger versucht haben, das einzureichen und damit nichts geholt haben. Jetzt kann man sagen:
„Es war wirklich eine Scheiß-Idee.“ Das glaube ich aber nicht.
Ich glaube es gibt da schon Berührungsengpässe.
Also Blasenschwäche, Inkontinenz ist glaube ich ein schwieriges Thema in der Gesamtöffentlichkeit. Das kann ich verstehen…
Das Gegenteil von einer Arbeit, mit der man keine Awards gewinnen kann,
ist die Goldidee. Macht ihr so etwas?
Christian Gabriel
Nein. Machen wir nicht. Wir haben zum Glück Kunden die sagen: „Ok, wir haben zweimal Kreativpreise mit euch gewonnen, jetzt gehen wir das bewusst an. Das Budget ist nur dafür da. Macht etwas Kreatives.“ Damit wir auch intern ein bisschen was für unsere Abteilung tun können. Dann machen wir das und meistens klappt es. Nicht immer Gold, aber immer öfter.
Man hat am Anfang eine Idee und der Kunde abstruse Änderungswünsche.
Wie lange kämpft man um eine Idee?
Christian Gabriel
Was soll man da kämpfen? Wenn dem Kunden das nicht gefällt, wie viele Stunden soll ich dann noch in kämpfen investieren? Manchmal sind es ja sehr persönliche, geschmäcklerische Gründe. Dann sagen wir:
„Gut, dann eben nicht!“ Dann machen wir entweder etwas Neues oder man hat vielleicht sowieso schon eine Alternative gemacht.
Irgendwann werde ich lethargisch. Wenn der Kunde meint es ist so besser,
dann ist es halt so. Wenn ich mich andauernd auflehne, sucht sich der Kunde irgendwann jemand anderen.
Ist man also mehr Dienstleister?
Christian Gabriel
Dienstleister ist man sowieso.
Davon muss man sich frei machen. Achtzig Prozent ist schon harte Arbeit und das ist dienen und leisten. Fertig. Die zwanzig Prozent sind der Fun-Faktor.
Haben Kunden Angst vor Neuem?
Christian Gabriel
Oftmals ist es Angst vor Neuem.
Da verfällt man gerne in alte Muster, weil man da im sicheren Terrain ist.
Wenn man einen Kunden hat, von dem man genau weiß,
dass am Ende zuhause die Frau entscheidet, gibt es da Taktiken?
Christian Gabriel
Dass die Frau letztendlich entscheidet, weiß man ja schon alleine vom Autokauf. Aber klar hatten wir auch schon Fälle, bei denen gesagt wurde: „Ich habe das meiner Frau noch einmal gezeigt…" - Aber das ist ja auch legitim. Ich hole auch oft Meinungen anderer ein.
Mir gefallen manche Sachen vielleicht auch nicht immer so, die wir da machen, aber ich weiß, dass es für die Zielgruppe gut ist. Letztendlich muss das, was wir machen erst einmal verkaufen. Wenn es dann noch gut aussieht und einen Preis gewinnt, haben wir eine gute Kreation.
Gibt es Projekte, die gut verkaufen, von denen du selber aber sagen würdest, dass du sie anders machen würdest? Liegt das am Kunden?
Christian Gabriel
Zweimal "Nein"! Das ist das Tolle am Dialogmarketing.
Wir haben die Möglichkeit über verschiedene Faktoren sehr viel über die Zielgruppe zu erfahren. Wir haben häufig vom Kunden schon eine Zielgruppenbeschreibung bekommen, bei der wir noch einmal eine Zielgruppenanalyse bzw. Interessentenanalyse machen.
Wenn wir ein Produkt verkaufen und das eventuell im Internet anteasern und ein bisschen PR machen, gewinne ich darüber Interessenten, die sich zu einem Newsletter anmelden.
Dann analysiert unsere Database-Abteilung die Daten nach sozio-demographischen Grundlagen: wie der Bildungsstand ist, was für Hobbys die haben, wo die wohnen, meinetwegen auch was für Autos die fahren usw. Das ganze wird dann noch angereichert mit unterschiedlichen Profilen und hinterher haben wir ein, sagen wir mal zu 75 Prozent passendes Zielgruppenbild und können dementsprechend neue Adressen kaufen und die Zielgruppe in Medium, Text und Bild gezielt ansprechen.
Hinter Dialogmarketing steckt viel Geld, aber im Endeffekt liegt die Response in einstelligen Prozentbeträgen. Rentiert sich das überhaupt?
Christian Gabriel
Ja klar! Bleiben wir mal beim Auto. Es ist ja die Frage,
welche Response da gewertet wird. Klar sind Antwortkarten oder irgendwelche Responsewege möglich, aber das sind ja auch erst wieder Interessenten, die sich für eine Probefahrt anmelden. Die kann ich natürlich messen.
Für uns ist natürlich viel interessanter, wer von den Leuten, die wir angeschrieben haben, letztendlich ein Auto kauft oder wie viele Leute wir über das Couponing wieder zum Kaufhof getrieben haben. Es gibt auch Kunden, bei denen wir bei der angestrebten Response-Erfassung in hohen zweistelligen Bereichen sind.
Hat man schonmal ein schlechtes Gewissen, Leute mit Werbung zuzuballern, die sie vielleicht doch nicht interessiert?
Christian Gabriel
Nein. Da ich meine Zielgruppe zu 75 Prozent kenne und weiß, dass die einigermaßen affin dafür sind, habe ich da ein gutes Gewissen.
Vera Walterscheid
Die Leute sind durchaus fähig zu entscheiden. Im Endeffekt ist jeder für sich verantwortlich.
Als Werber oder Kreativer soll man unter Umständen Produkte an den Mann bringen, von denen man weiß, dass sie nicht gut sind.
Hast du da Erfahrungen gemacht?
Christian Gabriel
Ja. Man macht es halt.
Gibt es Sachen, bei denen du dich weigern würdest?
Christian Gabriel
Ja. Bestimmte politische Geschichten… also extrem rechts oder überhaupt rechts würde ich mit Sicherheit nicht machen!
Aber da würden wir uns von der Agentur auch schon sperren.
Da würde ich mich rausschmeißen lassen.
Vera Walterscheid
Das erstens und zweitens hätte ich glaube ich ein Problem mit Waffen. Dafür würde ich keine Werbung machen.
„Wenn ich es nicht mache, macht es jemand anderes“
zieht als Argument auch bei Werbung für rechtsradikale Parteien…
Christian Gabriel
Wir sind in einem Verband, dem Deutschen Dialogmarketing Verband organisiert. Da gibt es bestimmte Verhaltensrichtlinien. Wenn ich so eine Anfrage bekommen würde, würde ich mit Sicherheit meinen nächsten Kontakt anrufen.
Haben Kunden und Endverbraucher eine Wahrnehmung für grafische Qualität?
Christian Gabriel
Wenn ich jetzt Nein sage ist das nicht so zu verstehen,
dass der Endverbraucher dafür zu blöd ist, sondern
»Ich glaube, dass gute Grafik dahin führt, dass die Zielgruppe kauft und nicht merkt warum.
Das ist gute Grafik.«
Ansonsten müsste man ja Grafik im Kunstbereich machen. Das kann man besonders schön im Dialogmarketing machen. Da gibt es auch genug Studien und Tests. Für mich stehen immer die Verkäufe im Vordergrund und nicht das Ziel, ein schönes Bild zu machen. Das schöne Bild muss dazu führen, dass es gekauft wird. Fertig!
Funktioniert Werbung auch bei euch?
Christian Gabriel
Ja. Wenn es ein Produkt ist, das mich interessiert,
das mich anspricht, das ich vielleicht sowieso gerade zu kaufen plane…
Dann kann es passieren, dass ich darauf auch reagiere.
Merkst du das dann bewusst?
Christian Gabriel
Manchmal ist es so, dass man ganz genau merkt warum und wieso es jetzt so gemacht ist. Klar merkt man das, sonst hätte man auch den Beruf verfehlt. Mailings bekommen und darauf unterbewusst zu reagieren glaube ich funktioniert bei mir nicht mehr.
Vera Walterscheid
Ich bin ein klassisches Verpackungsopfer. Wenn da eine schöne Verpackung steht, ist es schon ziemlich einfach, mich rum zu kriegen.
Ich weiß auch, warum die Verpackung so aussieht, wie sie aussieht und wo die Mogelpackung ist. Aber ich kaufe es trotzdem.
Euer schlimmstes Kundenerlebnis?
Vera Walterscheid
Also etwas richtig Schlimmes ist mir noch nicht in einer Präsentation oder einem Kundengespräch passiert. Klar gibt es manchmal Enttäuschungen. Man hat auch so seinen kleinen Ideenfriedhof, auf dem man immer seine Kreuzchen steckt, wenn irgendwas dann doch nicht genommen wurde…
Christian Gabriel
Es ist jetzt ein paar Jahre her, wir haben damals ein neues Kundenkartenlayout beim Kunden präsentiert. Wir waren seit Jahren die erste Werbeagentur, die beim Marketing-Vorstand präsentieren durfte. Damals war ich gerade mit meiner Frau zusammen, wir hatten Urlaub und waren deswegen relativ entspannt. Der Kunde bekam damals einen neuen Look, ein neues Logo und entsprechend auch ein neues Kundenkartenlayout. Ich hatte noch keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Auf einmal steht eine Erscheinung vor mir, bei der ich dachte: „Alles klar, so sieht ein Vorstand aus. Das was der trägt ist teurer als das, was ich im ganzen Jahr verdiene.“ Sehr netter Mann, älter, angegraute Schläfen, braun gebrannt, Maßanzug, dicke Uhr… Wie sich hinterher herausstellte sehr kompetent.
Wir hatten dieses Agentur Credential schon zwei oder drei Jahre und wir wussten immer: an der einen Stelle darf nie jemand fragen. Der hat keine Fragen gestellt. Nur eine. Genau da. Das war ein bisschen blöd. War aber nicht mein Part.
Ich war nur hinterher dran, was das Kartendesign und den neuen Namen für die Karten anging und trat mit meinen Pappen nach vorne. Ich stand da und der Vorstand sagte zu mir: „Herr Gabriel, wissen Sie über uns bescheid? Wissen Sie, welche Farbe wir haben? XYZ... Wir sind XYZ!" Er sprang auf: „XYZ… wir sind XYZ! … und alles ist XYZ…“
Und er sprach eine viertel Stunde über diesen Farbton.
Ich stand da und wusste: „Ich habe nicht eine einzige Karte in der Farbe. Es gab Schwarz, Silber, Gold…“ Aber da war nichts in dem Farbton drauf. Noch nicht einmal das farbige Kunden-Logo, weil der Kunde meinte: „Nein, wir machen alles edel. Wir nehmen nur den weißen Schriftzug…“ Und ich war froh, dass ich vorher schon zwei Wochen Urlaub hatte und immer noch im Urlaub war. Es war richtig Scheiße. Es war jetzt, wo ich mich so daran erinnere, das schlimmste Kundenerlebnis.
Ich habe dann präsentiert, aber direkt in der Präsentation ist der Kunde,
der das mit zu verantworten hatte, an meine Seite gestürmt und hat immer wieder entschuldigend eingegriffen. Da hilft es dann auch nicht zu sagen:
„Das soll eigentlich XYZ sein.“
Wie erklärt ihr eurer Oma was ihr macht?
Christian Gabriel
Am besten gar nicht, weil sie es nicht versteht. Da kann man reden wie man will. „Wir machen Werbung“ – „Und was macht ihr da?“ – „Wir verschicken so Briefe und machen ein wenig Internet.“ Dialogmarketing ist schwer zu vermitteln. Wir haben manchmal die Möglichkeit einen TV-Spot zu machen, das ist dann etwas Greifbares. Das hilft.
Vera Walterscheid
Ich habe meinen Eltern ein halbes Jahr lang Muster mitgebracht, immer erklärt, was ich gemacht habe und wie es dann weitergeht. Mittlerweile haben sie es verstanden, glaube ich.
Gibt es Feedback wie: „Junge, da hast du etwas Gutes gelernt“?
Christian Gabriel
Eltern sind auch stolz, wenn Kinder ausgezeichnet werden. Wenn die erzählen können – und Eltern erzählen ja gerne – „Jaaa… Preisverleihung, die kriegen wieder Preise.“ Das reicht denen. Die müssen gar nichts erklären. Werbung kann man glaube ich im weitesten Sinne verstehen und erklären und das reicht dann schon.
Man sollte einfach sagen: „Der Junge macht Reklame“ und gut ist. Wenn er dann noch verheiratet ist und die ersten Kinder kommen, ist es sowieso scheißegal, was der Junge macht.
Würdest du deinen Kindern empfehlen in die Werbung zu gehen?
Christian Gabriel
Ich würde gar nichts empfehlen. Aber wenn ich etwas empfehlen dürfte und sie in eine Richtung stoßen könnte, dann würde ich sie ins Handwerk stecken. Vielleicht denke ich in zehn Jahren anders. Aber im Moment, wenn ich die ganzen Handwerker ein- und ausgehen sehe, was die für ein Geld verdienen… Ich glaube der Spruch mit dem goldenen Handwerk zählt auch noch in vierzig Jahren.
Wo seht ihr beide euch beruflich in zwei und wo in zehn Jahren?
Christian Gabriel
In zwei Jahren bin ich mit Sicherheit noch hier. Vielleicht noch in der Position, in der ich bin, vielleicht auch etwas anderes. In zehn Jahren mache ich vielleicht eine Fußpflege. Fußpflege ist für mich der klassische Aussteiger-Job.
Vera Walterscheid
Ich bin in zwei Jahren auf jeden Fall noch in der Agentur.
Mir macht das schon Spaß. Natürlich auch der Stress, der teilweise damit verbunden ist. Das muss manchmal sein. In zehn Jahren keine Ahnung. Zehn Jahre sind recht weit weg. Aber irgendwann auch sicherlich mal raus aus der Agentur und etwas Anderes machen. Man ist ja immer so ein bisschen ein Getriebener als Kreativer… Man braucht ja immer etwas Anderes und Neues.
Würdest du deinen Kindern empfehlen in die Werbung zu gehen?
Christian Gabriel
Ich würde gar nichts empfehlen. Aber wenn ich etwas empfehlen dürfte und sie in eine Richtung stoßen könnte, dann würde ich sie ins Handwerk stecken. Vielleicht denke ich in zehn Jahren anders. Aber im Moment, wenn ich die ganzen Handwerker ein- und ausgehen sehe, was die für ein Geld verdienen… Ich glaube der Spruch mit dem goldenen Handwerk zählt auch noch in vierzig Jahren.
Wie lange kann man den Beruf überhaupt machen?
Vera Walterscheid
So lange man Spaß dran hat. Man muss es schon mögen.
Christian Gabriel
Genau. Solange man noch nicht genug Geld auf dem Konto hat um aufzuhören. Dazu muss man die Bestrebungen der Regierung auch verfolgen und im Zweifel muss man bis 67 hier sitzen und Layouts schrubben. Macht keiner. Was ist die Alternative?
Was machen die anderen denn dann?
Christian Gabriel
Die meisten machen sich selbstständig. Und das ist nicht immer erstrebenswert. Aber ab einem gewissen Alter muss man raus,
sonst wird es blöd.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit 55 Jahren noch einen 20-jährigen erreicht. Das wird schwierig. Das muss man sich hart erarbeiten – egal ob textlich oder im Layout-Bereich. Dann sollte man etwas anderes machen. Dann soll man Bücher schreiben…
Wir haben letztens noch einen Fall gehabt – eine leider verkrachte Existenz – dem man dann auch noch den letzten Kunden weggenommen hat… Der tat mir schon leid… Der musste mit 63 noch einmal ein Praktikum machen. Hat die Agentur für Arbeit so gewollt.
Haben Designer einen gewissen Hang zur Selbstausbeutung?
Christian Gabriel
Ja. Das muss man lernen oder es kommt mit den Jahren. Irgendwann muss man loslassen. Irgendwann ist Ende, sonst macht man sich wirklich kaputt. Das ist es nicht wert. Denn um gute Werbung zu machen, muss man leben und leben können.
»Irgendwann muss man loslassen, sonst macht man sich wirklich kaputt.
Um gute Werbung zu machen, muss man leben.«
Wenn man nicht leben kann, weil man sich immer Gedanken um irgendetwas macht, dann macht man auch keine gute Werbung.
Beschreibt euren Arbeitsalltag in fünf Worten!
Christian Gabriel
Ein ewiges rauf und runter!
Vera Walterscheid
Puuuh! Ich finde das echt schwierig…
Ist immer was anderes los.